7.2 Umfragen erstellen und auswerten
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihnen eine Umfrage zum Konflikt helfen könnte, die Gemengelage besser zu verstehen, sollten Sie zunächst die Zielsetzung und die Zielgruppe festlegen: Was möchte ich herausfinden? Wen möchte ich befragen? Im „Wir im Wald“-Projekt haben wir uns an Erholungssuchende im Wald gewandt und sie direkt vor Ort gefragt, mit welchen Motiven und mit welchen Einstellungen sie im Wald aktiv sind. Sind sie zum Beispiel auf Ruhe aus oder möchten sie etwas erleben? Wie häufig üben sie ihre Freizeitaktivität aus und könnten sie diese prinzipiell auch in einem anderen Wald ausüben? Fühlen sie sich von anderen Erholungssuchenden gestört? Wie wichtig ist ihnen der Erhalt der Natur? Und kennen sie die Regeln, die im Wald gelten? Der Fragebogen war nicht gerade kurz.
Aus den abgefragten Einstellungen, Werten und Verhaltensweisen wollten wir ableiten, welche Faktoren den Konflikt bzw. das Konfliktempfinden verstärken. Es zeigte sich zum Beispiel im Konflikt zwischen Radfahrenden und Wandernden im Stadtwald von Freiburg, dass der Konflikt dort nur selten als störend empfunden wurde. Für Erholungssuchende, bei denen das Wandern bzw. Radfahren einen besonderen Stellenwert im Leben hat, stellte sich die Lage jedoch etwas anders dar: Sie schätzten den Konflikt intensiver ein.
Für die Konzipierung des Fragebogens empfiehlt es sich, mit einer Literaturrecherche zu beginnen, denn häufig gibt es für gleiche oder ähnliche Themen bereits einen erprobten Fragebogen von anderen Forschenden. Das kann bei begrenzten Kapazitäten Zeit sparen. Sie können aber auch selbst einen eigenen Fragebogen entwickeln. Zusätzlich kann es nützlich sein, mit Personen im Vorfeld zu sprechen, die mit dem Thema Erfahrung haben.
Sobald Sie sich ausreichend mit dem Thema befasst haben, das Sie untersuchen möchten, entwickeln Sie Ihre Fragen und Aussagen (sogenannte Items) für den Fragebogen. Hier wird zwischen offenen und geschlossenen Fragen unterschieden. Geschlossene Fragen geben feste Antwortmöglichkeiten vor und der/die Befragte kreuzt seine Antwort an. Bei offenen Fragen antworten die Befragten frei in eigenen Worten. Ob offene oder geschlossene Fragen oder ob gemischte Varianten sinnvoll sind, hängt vom Untersuchungsziel ab. Beide Fragetypen haben Vor- und Nachteile und erfüllen unterschiedliche Zwecke. Wir haben uns für eine Mischvariante entschieden, d.h. einen Fragebogen aus offenen und geschlossenen Fragen erstellt. Die geschlossenen Fragen lassen sich einfacher beantworten und man erreicht mehr Menschen. Die vielen Antworten lassen sich mit statistischen Programmen gut auswerten. Die offenen Fragen erlauben den Befragten, zusätzliche Aspekte anzusprechen. Allerdings muss man diese Antworten einzeln durchgehen und interpretieren.
In Bezug auf geschlossene Fragen empfiehlt es sich, bei der Formulierung der Fragen von der Auswertung her zu denken: Welche Antwortmöglichkeiten gebe ich der Frage und welche Auswertungsmethode erlaubt diese Antwort? Beispielsweise unterscheiden sich die Auswertungsmöglichkeiten darin, ob eine Antwort aus einer einfachen Ja/Nein-Option oder aus einer mehrstufigen Zustimmungsskala besteht. Solche Abwägungen sind relevant, damit Sie am Ende auch genau das herausfinden, was Sie wissen möchten. Achten Sie bei den Formulierungen darauf, dass sie neutral und sachlich formuliert sind, ohne Wertung. Wenn Sie beispielsweise nach der Zufriedenheit fragen wollen, eignet sich eine neutrale Frage wie „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem heutigen Aufenthalt im Wald?“ oder einfach „Sind Sie zufrieden mit Ihrem heutigen Aufenthalt im Wald?“, falls Sie sich nicht für die Grautöne zwischen Zufriedenheit und Unzufriedenheit interessieren. Bei einer Frage wie „Bewerten Sie Ihren Aufenthalt im Wald diesmal als zufriedenstellend?“ hört man hingegen einen Unterton heraus. Bei den Antwort-Punkteskalen ist eine logische Reihenfolge beizubehalten, etwa eine mehrstufige Skala von „absolut unzufrieden“ bis „absolut zufrieden“.
Grundsätzlich gilt, je präziser und kürzer die Fragen und Items, desto besser. Denn lange und komplizierte Fragebögen führen zur Ermüdung oder zu einem frühzeitigen Abbruch der Befragten. Damit gehen Datenverluste einher, die sich vermeiden lassen, wenn Sie sich für die Konzipierung des Fragebogens ausreichend Zeit nehmen. Wenn Sie den Fragebogen erstellt haben, lassen Sie ihn von anderen Personen testen, die nicht an der Erstellung beteiligt waren. Es müssen nicht viele sein. Ein solcher Pre-Test ist wie eine Generalprobe und stellt sicher, dass alle Fragen verständlich formuliert sind.
Bevor es mit dem fertigen Fragebogen „ins Feld“ geht, wie es im Fachjargon der Sozialwissenschaften heißt, sind noch grundsätzliche Fragen zum Vorgehen zu klären: Wie groß soll die Stichprobe sein? Als allgemeine Richtlinie gilt, dass eine Stichprobengröße von mindestens 30 die Grundlage für statistische Annahmen bietet. Generell gilt, je größer die Stichprobe, desto stärker die Repräsentativität – desto sicherer können Sie sich also sein, dass die Antworten der Befragten charakteristisch sind für die Meinung der gesamten Zielgruppe.