5. Deliberation auf Social Media-Kanälen

Dieses Video ist einer von vier Impulsen unserer Reihe „Wald, Mensch, Perspektiven – Konflikte verstehen, Lösungen gestalten“. Es zeigt, wie Social Media, Podcasts und Blogbeiträge genutzt werden können, um Menschen zu erreichen, unterschiedliche Perspektiven über die Kanäle hinweg sichtbar zu machen und Diskussionen über Konflikte im Wald in Gang zu bringen. Es zeigt, wie man mithilfe multimedialer Formate den Dialog fördern und zu konstruktiven Lösungen beitragen kann.
Auf Grundlage unserer Forschung wird deutlich, wie unterschiedliche Interessen im Wald aufeinandertreffen und wie sich solche Konflikte gemeinsam und nachhaltig bearbeiten lassen. In den vier Videoimpulsen der Reihe stellen wir verschiedene deliberative Methoden vor, die wir in unseren Fallregionen erprobt haben. Die weiteren drei Videos der Reihe finden Sie in den Kapiteln 1, 3 und 4.
Überblick über das Kapitel: Social Media sind zwar nicht das Mittel der Wahl für eine Deliberation, da sich der Austausch kaum kontrollieren lässt. Dort sind Trolle und Bots unterwegs, die an einem sachlichen und fairen Austausch kein Interesse haben. Und wer Ihre Inhalte überhaupt sieht, hängt nicht von der Qualität Ihrer Beiträge ab, sondern von der Programmierung des Algorithmus. Doch diese Kanäle eignen sich gut, um ein großes Publikum anzusprechen und zum Mitmachen anzuregen. Außerdem lassen sich Eindrücke und Ergebnisse aus Diskussionsrunden in Präsenz und online auf Social Media verbreiten.
Nachdem wir im Abschnitt 5.1 die Vor- und Nachteile von Social Media ausführlicher durchgegangen sind, werden wir uns in den Abschnitten 5.2 bis 5.4 von der ersten Idee für eine Veröffentlichung bis zur Nachbereitung alle Phasen anschauen, die Sie durchlaufen müssen: vor allem die Analyse der Zielgruppen und die Formulierung von Botschaften, die zum jeweiligen Kanal passen im Abschnitt 5.3. Am Ende fassen wir die wichtigsten Punkte in einer Checkliste zusammen und geben Tipps für die weitere Lektüre.
„Social Media sind auf jeden Fall eine gute Sache, um überhaupt erst einmal einen Dialog in Schwung zu bringen.“
Markus Mohn
Projektleiter | Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg e.V.

5.1 Einschränkungen und Möglichkeiten von Social Media

Social Media galten bei ihrer Einführung als demokratische Werkzeuge, die es jedem erlauben, auf Augenhöhe mit allen anderen zu diskutieren. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, da die Algorithmen oft die emotionalen und extremen Äußerungen bevorzugen und manche Stimmen nicht durchdringen. Aus Sicht der Deliberation ist zudem relevant, dass vermutlich nicht alle Konfliktbeteiligten auf einem einzelnen Social-Media-Kanal anzutreffen sind (das haben wir auch im Abschnitt 4.1 besprochen). Und nicht zuletzt zwingen die Social Media-Plattformen ihre Nutzerinnen und Nutzer, sich auf scharf zugespitzte Botschaften zu konzentrieren, sodass nur Akzente gesetzt werden können. Differenzierte Argumente und abwägende Formulierungen erreichen oft weniger Menschen, weil sie sich weniger gut „teilen“ lassen. Auch bleiben viele Diskussionen in geschlossenen Gruppen oder Echokammern, statt in einen echten Austausch zu münden.
Digitale Kommunikation live: Zwei Studierende bei der Content-Arbeit. (Quelle: Wir im Wald)
Aus Sicht der Deliberation ergeben sich dementsprechend mehrere Herausforderungen:
Nicht alle Konfliktparteien sind auf denselben Plattformen aktiv. Manche bevorzugen Facebook, andere Instagram oder YouTube; einige sind in den Sozialen Medien überhaupt nicht vertreten.
Der Diskussionsstil ist oft zugespitzt. Plattformen fördern kurze, pointierte Botschaften. Das ist für Aufmerksamkeit gut, aber für Verständigung schwierig.
Die Kontrolle über den Diskussionsverlauf ist begrenzt. Kommentare können entgleisen, gezielte, provokative Störaktionen oder Desinformation sind nur schwer zu verhindern.
Datenschutz und Plattformrichtlinien setzen Grenzen, beispielsweise bei der Veröffentlichung von Fotos oder personenbezogenen Aussagen. 
Diese Einschränkungen bedeuten nicht, dass Social Media für die Deliberation ungeeignet sind. Aber sie machen es notwendig, dass man sich über Ziel, Zielgruppe und Tonalität sowie einige weitere Punkte im Klaren ist, bevor man aktiv wird.
Trotz ihrer Grenzen bieten Soziale Medien wertvolle Chancen für deliberative Projekte – insbesondere, wenn sie nicht isoliert, sondern in Verbindung mit analogen Formaten wie Waldspaziergängen oder Podiumsdiskussionen eingesetzt werden (siehe dazu Kapitel 3). Mit vergleichsweise geringem Aufwand lässt sich ein großes Publikum erreichen und für die Deliberation gewinnen. Die Plattformen eröffnen vielfältige Möglichkeiten zur Aktivierung und Beteiligung des Publikums. Entscheidend ist dabei, realistische Ziele zu setzen und die Teilnehmenden nicht zu überfordern. Am wirkungsvollsten ist der Einsatz Sozialer Medien, wenn sie mit einer eigenen Website und Präsenzveranstaltungen verknüpft werden. Hier die wichtigsten Vorteile von Social Media auf einen Blick:
Reichweite und Sichtbarkeit: Mit wenig Aufwand können viele Menschen erreicht werden; auch solche, die sonst nicht an klassischen Beteiligungsformaten teilnehmen würden. Ein kurzes Video oder ein prägnanter Beitrag können Interesse wecken und den ersten Kontakt herstellen.
Dialog auf Augenhöhe: Kommentare, Umfragen und Reaktionen ermöglichen Rückmeldungen in Echtzeit. Wer die Social-Media-Kanäle aktiv moderiert und auf Kommentare eingeht, kann hier eine echte Form von Austausch aufbauen – wenn auch in verkürzter Form.
Transparenz: Über Social Media lässt sich zeigen, wie Deliberation funktioniert: Wer teilnimmt, welche Themen diskutiert werden, welche Erkenntnisse entstehen. Das schafft Vertrauen und kann andere zur Teilnahme motivieren.
Niedrigschwelliger Zugang: Ein Like, ein Kommentar oder eine Story-Reaktion sind niedrigschwellige Formen der Beteiligung. Sie können als erster Schritt dienen, um Menschen später zu tiefergehenden Diskussionsformaten einzuladen.
Wichtig ist, realistische Erwartungen zu formulieren: Social Media kann nicht die Deliberation selbst leisten. Aber sie kann sie sichtbar, anschlussfähig und einladend machen.

5.2 Planung und Zielsetzung

Besonders hilfreich ist es, Social Media nicht als eigenen Diskussionsraum zu behandeln, sondern als verbindendes Element zwischen verschiedenen Formen des Austauschs. Diskussionen, die vor Ort stattfinden – etwa bei Waldspaziergängen oder moderierten Gesprächsrunden – können in den digitalen Raum übertragen werden, indem Eindrücke, Argumente oder Fragen dort aufgegriffen und weitergeführt werden. Umgekehrt können Stimmen, die online sichtbar werden, wieder in persönliche Gespräche oder lokale Formate zurückfließen. So entsteht ein Hin und Her zwischen Online und Offline, das Perspektiven miteinander verbindet und auch diejenigen einbezieht, die nicht auf Social Media aktiv sind. Auf diese Weise kann Social Media dabei helfen, den deliberativen Austausch zu erweitern, ohne ihn zu ersetzen. 
Die Nutzung von Social Media verfolgt unterschiedliche Ziele, die Sie jeweils mit passenden Formaten umsetzen können. Vor dem Start sollten Sie daher klären, wozu Sie Social Media einsetzen möchten:
Denkbar wäre zum Beispiel, Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen. Dazu können Sie kurze, einprägsame Beiträge veröffentlichen, wie zum Beispiel: „Wir im Wald – wem gehört der Wald?“ Solche Inhalte machen das Projekt und seine Themen sichtbar und regen die Öffentlichkeit an, sich damit auseinanderzusetzen.
Ein weiteres Ziel könnte sein, Menschen für Veranstaltungen zu gewinnen. Hier eignen sich Hinweise auf Waldspaziergänge oder Online-Diskussionen, die direkt über Social Media beworben werden. Die Plattformen bieten Ihnen die Möglichkeit, Einladungen breit zu streuen und gezielt Teilnehmende anzusprechen.
Darüber hinaus können Sie Social Media nutzen, um Ergebnisse aus Diskussionsrunden zu dokumentieren und zu verbreiten. Beispielsweise lassen sich kurze Videos mit zentralen Ergebnissen erstellen, die Sie dann auf Social Media teilen und über die Sie auf die ausführliche Dokumentation auf einer Website verlinken.
Mit Social Media können Sie auch Stimmen und Perspektiven sichtbar machen. Kurze Videostatements von Teilnehmenden oder Expertinnen und Experten geben unterschiedliche Sichtweisen wieder und verdeutlichen die Vielfalt der Meinungen.
Schließlich fördern Social-Media-Inhalte die Reflexion und Nachbereitung. Mit Ihren Beiträgen können Sie dazu anregen, über die Diskussion nachzudenken, indem Sie Fragen stellen wie: „Was nehmen Sie aus der Diskussion mit?“. Auf diese Weise wird der Dialog verlängert und die Auseinandersetzung mit den Inhalten vertieft.
Eine klare Zieldefinition hilft Ihnen, passende Formate zu wählen und den Aufwand realistisch einzuschätzen. Beispielsweise könnten Sie eine Kampagne so aufbauen:
1. Einstieg: Eine provokante Frage („Wem gehört der Weg?“) oder ein authentisches Zitat aus dem Wald („Ich ärgere mich, wenn die Ruhe im Wald von Motorsägen gestört wird.“).
2. Vertiefung: Vorstellung der Konfliktlage mit kurzen Statements beider Seiten.
3. Einladung: Hinweise auf anstehende Diskussionsveranstaltungen oder Online-Gespräche.
4. Nachbereitung: Zitate, Fotos, Videos und persönliche Eindrücke der Teilnehmenden.
5. Rückkopplung: Die Community wird gefragt, welche Lösungsideen sie selbst sehen.
So entsteht ein Kreislauf zwischen On- und Offline-Deliberation, die wir im Kapitel 4 als eine Art „Pendeldiplomatie“ bezeichnet haben.
Screenshot aus einem Reel auf Instagram, das Einblicke in einen Waldspaziergang im Sauerland gibt. (Quelle: Wir im Wald)
a) Zielgruppe
Die Zielgruppe ergibt sich meist aus dem Konfliktthema. Beim Thema Wald können das beispielsweise sein:
Erholungssuchende: z. B. Wandernde, Mountainbiker:innen, Skitourengehende
Naturschutz: z. B. Verbände, Ehrenamtliche, Naturschutzbehörden
Kommunale Entscheidungstragende: z. B. Bürgermeister:in, Gemeinderäte, Behörden
Tourismus: Betreibende von Gasthöfen, Wandervereine, Tourismusverbände
Anwohnerinnen und Anwohner nahegelegener Waldgebiete
Die breite Öffentlichkeit, wenn es um übergreifende Fragen der Nutzung, Pflege oder Zukunft des Waldes geht
b) Kanäle
Jede dieser Gruppen hat unterschiedliche Kommunikationsgewohnheiten und Medienpräferenzen, sie sind auf verschiedenen Kanälen zu Hause. Während etwa Menschen über 30 Jahre häufig auf Facebook aktiv sind, erreicht man jüngere Menschen besser über Instagram, TikTok oder gegebenenfalls YouTube. Für Behörden, Fachleute oder Medienschaffende kann LinkedIn sinnvoll sein. 
Da sich Social-Media-Trends laufend verändern, sollten Sie die eigene Strategie regelmäßig überprüfen. Die folgende Übersicht gibt eine Orientierung, welche Kanäle für welchen Zweck im Projekt „Wir im Wald“ genutzt wurden:
Facebook bietet eine große Reichweite und eignet sich besonders für lokale Gruppen. Die Interaktion über Kommentare ist einfach und ermöglicht direkten Austausch mit der Community. Die Plattform spricht vor allem Menschen im Alter von 30 bis 65 Jahren an, darunter die lokale Bevölkerung, interessierte Laien und Ehrenamtliche. Facebook eignet sich gut für lokale Öffentlichkeitsarbeit, das Versenden von Einladungen zu Veranstaltungen sowie moderierte Diskussionen in Gruppen. Wichtig ist dabei, die Kommentare aktiv zu betreuen, um Missverständnisse oder Konflikte frühzeitig zu klären.
Instagram ermöglicht eine starke visuelle Wirkung, emotionale Inhalte und ist besonders bei 18- bis 40-Jährigen beliebt. Die Zielgruppe umfasst jüngere Erwachsene, Studierende, Freizeit- und Sportinteressierte sowie allgemein Social-Media-affine Nutzerinnen und Nutzer. Auf Instagram lassen sich Aufmerksamkeit und Imagebildung fördern, Einblicke hinter die Kulissen geben und kurze Videos oder Storys veröffentlichen. Authentische Fotos und kurze Videos wirken dabei stärker als textlastige Beiträge. Hashtags wie #WirImWald oder #DialogImWald helfen, die Reichweite zu erhöhen und neue Interessierte zu erreichen.
YouTube bietet hohe Reichweite, gute Suchfunktionen und eignet sich für längere, erklärende Inhalte. Die Plattform erreicht eine breite Öffentlichkeit, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Menschen, die sich tiefergehend informieren möchten. YouTube eignet sich besonders für Interviews, Dokumentationen und Mitschnitte von Waldspaziergängen oder Diskussionsrunden. Bei der Produktion ist es wichtig, auf eine klare Struktur zu achten – mit Einführung, Thema und Fazit. Untertitel erhöhen zudem die Barrierefreiheit und ermöglichen es einem größeren Publikum, die Inhalte nachzuvollziehen.
 
Studentinnen der Hochschule der Medien haben eine Reihe von Video-Tutorials entwickelt, die Förster:innen und andere Menschen, die sich um den Wald kümmern, darin unterstützen, Instagram sicher und wirkungsvoll einzusetzen. Die praxisnahen und leicht verständlichen Anleitungen sollen helfen, sich souverän in der digitalen Welt zu bewegen und die Kommunikation rund um den Wald zu stärken. Gemeinsam tragen die Videos dazu bei, die digitale Vernetzung im Waldsektor zu fördern und Social Media als konstruktiven Raum für Austausch, Information und Dialog zu nutzen.
In vielen Fällen ist es sinnvoll, mehrere Plattformen miteinander zu verknüpfen, also crossmedial zu arbeiten (siehe dazu auch Abschnitt 4.1). Crossmedialität bedeutet, Inhalte über mehrere, miteinander vernetzte Medienkanäle zu verbreiten, die sich gegenseitig ergänzen. So lassen sich unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, ohne Inhalte doppelt zu produzieren. Ein Beispiel:
1. Auf Instagram wird ein kurzes Video mit einer provokativen Frage veröffentlicht:
„Darf man im Wald alles tun, was Spaß macht?“
2. Der Link in der Story führt zu einem Blogbeitrag oder Podcast, in dem das Thema ausführlicher besprochen wird.
3. Auf Facebook wird derselbe Beitrag geteilt, verbunden mit der Einladung zu einer Veranstaltung oder Umfrage.
4. Das YouTube-Video zur Veranstaltung dokumentiert später die Diskussion.
5. Auf LinkedIn wird ein Fazit oder eine Erkenntnis daraus in einem professionellen Kontext vorgestellt.
So entsteht ein Medienverbund, in dem jede Plattform ihre spezifische Rolle erfüllt: Aufmerksamkeit, Information, Vertiefung, Diskussion und Dokumentation.
Auf Social Media unterscheidet sich nicht nur die Zielgruppe, sondern auch der typische Stil der Kommunikation sowie die Tonalität der Beiträge:
Facebook eignet sich für eine persönliche, aber informative Ansprache. Beiträge können Fragen stellen oder Diskussionen anstoßen, zum Beispiel: „Was denken Sie: Sollte der Wald stärker geschützt oder stärker genutzt werden?“ 
Instagram setzt auf emotionale, visuelle und kurze Inhalte. Hier funktionieren vor allem Bilder, kurze Videos oder Storys, die Gefühle und Eindrücke transportieren. Ein Beispiel: „Waldmomente🌲 – Was bedeutet Ruhe für Dich?“
YouTube ist ideal für längere, erzählende und erklärende Inhalte. Auf dieser Plattform lassen sich Interviews, Dokumentationen oder Mitschnitte von Waldspaziergängen präsentieren. Beispielsweise: „Im Video zeigen wir, wie Wandernde und Förster:innen gemeinsam Lösungen suchen.“
Jeder Kanal verlangt also eine spezifische Ansprache, sowohl in Stil als auch Tonalität, um die jeweilige Zielgruppe zu erreichen und Engagement zu fördern. 
 c) Botschaften und Formate
Neben der richtigen Ansprache lohnt es sich, die spezifischen Features der Plattformen bewusst zu nutzen. Auf Facebook können Sie etwa Gruppen, Veranstaltungen oder Umfragen einsetzen und Beiträge gezielt bewerben. Instagram bietet neben klassischen Beiträgen auch Storys und Reels. Storys eignen sich für kurze Eindrücke oder spontane Fragen, da sie nur 24 Stunden sichtbar sind. Reels eignen sich besonders für aufmerksamkeitsstarke, emotionale Inhalte, während Sie in klassischen Beiträgen Inhalte erklären und Fotos präsentieren können. YouTube ermöglicht längere Videos mit klarer Struktur, Kapitelmarken und Community-Posts, die Diskussionen fördern. Die Wahl des passenden Formats – Post, Story oder Reel – sollte dabei stets zur Botschaft, Dauer der Aufmerksamkeit und Zielgruppe passen. Durch die Kombination von Plattform-Features und bewusst gewähltem Format können Sie Inhalte klar vermitteln und Interaktionen gezielt anregen. Weitere Details zu Videoformaten finden Sie in Abschnitt 4.3 sowie zu Umfragen in Kapitel 7.
“Damit wir miteinander ins Gespräch kommen, haben Social Media einiges zu bieten, zum Beispiel Werkzeuge wie Umfragen oder Ähnliches. Wenn sich dort viele Leute beteiligen, dann merken wir alle als Community ganz schnell: Da geht noch mehr und wir sitzen alle in einem Boot.”
Ulrich Potell
Geschäftsführer | Landeswaldverband Baden-Württemberg e.V.
Screenshot einer Story auf Instagram mit Umfrage und Link zur Anmeldung zur FowiTa 2025. (Quelle: Wir im Wald)
Unabhängig davon, über welchen Social-Media-Kanal kommuniziert wird, gelten einige Grundprinzipien, die für den Erfolg und die Glaubwürdigkeit des Projekts entscheidend sind. Zunächst sollte immer ein einheitlicher Absender erkennbar sein. In unserem Fall muss zum Beispiel deutlich werden, dass die Inhalte Teil des Projekts „Wir im Wald“ sind, damit die Kommunikation vertrauenswürdig und konsistent wirkt. Gleichzeitig ist Dialogorientierung wichtig: Die Beiträge sollten so gestaltet sein, dass sie die Nutzerinnen und Nutzer zum Mitdiskutieren motivieren. Fragen zu stellen, Feedback einzuholen und Antworten wertzuschätzen, fördert die Beteiligung und macht die Inhalte lebendig. Ebenso entscheidend ist Klarheit in der Sprache. Fachbegriffe oder komplizierte Ausdrücke sollten Sie nur dann verwenden, wenn sie unbedingt nötig sind. Sonst besteht die Gefahr, dass Ihre Inhalte unverständlich wirken und Sie das Publikum abschrecken. Nicht zuletzt spielt Respekt eine zentrale Rolle. Auch in hitzigen Diskussionen sollten Sie stets freundlich und sachlich bleiben. Haltung zu zeigen, ist erlaubt, Belehrungen oder aggressive Antworten hingegen schaden dem Austausch. So bleibt die Debatte konstruktiv und die Plattform ein sicherer Raum für unterschiedliche Perspektiven.
Beiträge lassen sich außerdem gezielt verlinken: Auf Instagram kann in Storys über den „Link-Sticker“ auf Blogbeiträge oder Veranstaltungen verwiesen werden. In Beiträgen auf Facebook oder YouTube können Sie direkt Links einfügen, sodass die Nutzerinnen und Nutzer leicht zu weiterführenden Inhalten gelangen. Facebook-Gruppen bieten einen geschützten Raum für Diskussionen; Sie können Gruppen für unterschiedliche Interessierte einrichten, Diskussionen moderieren und Veranstaltungen planen. Gruppen eignen sich besonders für lokale Communitys oder Themen mit intensivem Austausch.
Die Wahl des richtigen Social Media-Kanals ist eine strategische Entscheidung: Sie hängt davon ab, wen Sie erreichen möchten, mit welchem Ziel Sie das tun und wie viel Dialog Sie „verkraften“ können. Wichtiger als Präsenz auf möglichst vielen Plattformen ist eine konzentrierte, kontinuierliche Kommunikation, die authentisch wirkt und die Werte der Deliberation widerspiegelt: Zuhören, Respekt, Vielfalt der Perspektiven und gemeinsame Verantwortung. Auf dieser Grundlage können Sie die Reichweite gezielt steigern – etwa durch regelmäßige Beiträge, relevante Hashtags, aktive Interaktion mit der Community und crossmediale Verknüpfungen. Wenn Sie schneller Sichtbarkeit erzielen möchten, können Sie bezahlte Werbung auf Facebook oder Instagram ausprobieren. Schon kleine Budgets erreichen gezielt Menschen in einer Region oder mit bestimmten Interessen. Unsere Erfahrungen im Projekt machen aber keine Hoffnung, dass die Personen, die man erreicht, auch zum Mitdiskutieren motiviert werden können.
 
Social-Media-Beiträge müssen zudem sehr schnell auf den Punkt kommen, denn die Aufmerksamkeit des Publikums ist kurz. Deshalb ist es entscheidend, die Kernbotschaft zu priorisieren: Was soll beim Publikum ankommen, selbst wenn es nur wenige Sekunden Zeit hat? Um dies effektiv umzusetzen, helfen einige grundlegende Prinzipien, die den Erfolg und die Wirkung der Inhalte deutlich erhöhen. Jede Botschaft sollte einen klaren Satz oder einen Gedanken transportieren, also entweder eine Aussage oder eine Emotion vermitteln. So versteht das Publikum schnell, worum es geht, und die Botschaft bleibt im Gedächtnis. 
Dabei gilt: Authentizität statt Perfektion. Ihre Beiträge müssen nicht professionell produziert sein; Glaubwürdigkeit und Echtheit sind wichtiger als Hochglanzoptik. Persönliche Einblicke, spontane Videos oder einfache Fotos wirken oft stärker und erzeugen mehr Nähe zum Publikum. Ein weiteres Prinzip lautet: Menschen im Mittelpunkt. Zeigen Sie Gesichter, Stimmen und persönliche Sichtweisen – das verbindet mehr als abstrakte Logos oder Landschaftsbilder. Individuelle Perspektiven regen Diskussionen an und machen Inhalte greifbarer. Schließlich ist die crossmediale Verknüpfung entscheidend. Social-Media-Beiträge sollten auf Blogartikel, Videos, Podcasts oder Veranstaltungen verweisen und umgekehrt. So entsteht ein Netzwerk von Inhalten, das die Reichweite erhöht und die Nutzerinnen und Nutzer auf verschiedenen Kanälen einbindet.
Für die Gestaltung gilt: Weniger ist mehr. Ein 30-Sekunden-Video mit einer klaren Botschaft („Was uns im Wald verbindet“) wirkt stärker als ein fünfminütiger Zusammenschnitt ohne Fokus. Texte sollten einfach, aktiv und konkret formuliert sein. Unterstützend können Hashtags eingesetzt werden, etwa: #WirImWald, #DialogImWald, #GemeinsamDenWaldDenken.
Ausschnitt aus einem Reel auf Instagram zum neuen Beschilderungskonzept am Hirschberg in Bayern. (Quelle: Wir im Wald)

5.4 Moderation und Umgang mit Interaktionen

Sobald Social Media für den Dialog genutzt wird, sind klare Kommunikationsregeln unerlässlich. Ein freundlicher und konstruktiver Ton entsteht nicht von selbst, sondern muss bewusst gefördert werden, damit die Plattformen zu Orten respektvollen Austauschs werden. Ein erster Schritt ist der Hinweis auf eine Netiquette (siehe auch Abschnitt 4.4). Mit einem kurzen Hinweis wie „Wir freuen uns über Ihre Meinung – bitte bleiben Sie respektvoll“ signalisieren Sie den Teilnehmenden von Beginn an, welche Erwartungen Sie an den Umgang untereinander haben. Auch kleine Formulierungen können bereits deeskalierend wirken und Missverständnisse vermeiden. 
Ebenso wichtig ist die aktive Moderation der Beiträge. Das bedeutet, dass Sie auf Fragen eingehen, sachliche Diskussionen fördern und destruktive Kommentare entweder höflich einschränken oder entfernen. Das Ziel ist nicht, Meinungen zu unterdrücken, sondern einen Rahmen zu schaffen, in dem unterschiedliche Standpunkte konstruktiv ausgetauscht werden können. Dabei sollten verschiedene Perspektiven sichtbar und gewürdigt werden. Auch gegensätzliche Positionen haben in der Debatte ihre Berechtigung, solange sie respektvoll formuliert sind. Die Vielfalt der Meinungen zeigt die Komplexität der Themen rund um Waldnutzung und Naturschutz und macht Deliberation auf Social Media greifbar. Transparenz ist ein weiterer zentraler Aspekt: Wenn Sie Beiträge verbergen oder löschen müssen, sollten Sie dies offen kommunizieren, zum Beispiel mit dem Hinweis auf einen Verstoß gegen die Netiquette. So verstehen die Teilnehmenden die Maßnahme und es entsteht kein Eindruck von Willkür. 
Eine regelmäßige Moderation ist entscheidend, damit Social Media nicht zum Ort der Polarisierung wird, sondern als Schaufenster für respektvollen Dialog dient. Bestehen im Projekt Ressourcenengpässe, können Sie feste Zeiten festlegen, zu denen Sie Kommentare lesen und beantworten – etwa werktags zwischen 9 und 17 Uhr. Alternativ können Sie Ehrenamtliche oder Teammitglieder einbinden, um die Diskussion aktiv zu begleiten und den Austausch lebendig zu halten. Für regelmäßige Präsenz auf Social Media empfiehlt sich ein konsistenter Plan: Zwei bis drei Beiträge pro Woche reichen oft aus, um sichtbar zu bleiben, ohne die Community zu überfordern. Die beste Zeit zum Posten hängt von Ihrer Zielgruppe ab: Häufig erreichen Beiträge zwischen 9 und 11 Uhr oder 18 und 20 Uhr die meisten Nutzerinnen und Nutzer. Nutzen Sie hierfür die Analysetools der Plattformen, um die Aktivitätszeiten Ihrer Community und weitere Nutzungsgewohnheiten zu erkennen.
Die Moderation in den Sozialen Medien trägt dazu bei, dass die Social-Media-Kanäle nicht nur zur Information dienen, sondern aktiv zur Beteiligung und Verständigung der Konfliktparteien beitragen. So wird der digitale Raum zu einer wertvollen Ergänzung der Präsenzveranstaltungen und Deliberationsformate.

5.5 Weiterführende Angebote und eine Checkliste

Checkliste
  Ziel und Zielgruppe klären
– Wen möchten wir erreichen?
– Wofür soll Social Media dienen – Information, Beteiligung, Nachbereitung?
  Botschaft definieren
– Was ist die Kernidee jedes Posts?
– Welche Emotion oder Haltung soll transportiert werden?
Format wählen
– Foto, Video, Story, Umfrage, Livestream?
  Kanal/Plattform wählen und crossmedial verknüpfen
– Welche Social Media-Kanäle eignen sich für die Zielgruppe und das Format? 
– Wie kann der Beitrag mit anderen Kanälen, der Website, Blog, Podcast oder Veranstaltungen verknüpft werden?
Tonalität
– Einheitlicher Sprachstil
– Respektvoll, verständlich, dialogorientiert.
Dialog ermöglichen
– Gibt es eine Frage, die zum Mitreden einlädt?
Moderation sichern
– Wer reagiert auf Kommentare?
– Wann und wie?
Datenschutz beachten
– Liegen Einverständnisse für Bilder/Zitate vor?
Crossmediale Verknüpfung schaffen
– Wie führt der Post zu Website, Veranstaltung oder weiterführender Diskussion?
Erfolg messen
– Welche Inhalte erzeugen Rückmeldungen, Teilnahmen oder neue Perspektiven?

 

 
Weiterführende Angebote
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb):
„Diskursfähig im Netz“ – Materialien zu digitaler Demokratie und respektvoller Online-Kommunikation unter www.bpb.de/digitalisierung
Hochschule der Medien Stuttgart:
Wir im Wald Magazin: Tutorials zu Instagram, Video-Storytelling und Community-Building unter wir-im-wald-magazin.de/praxistipps
Projekt „Wir im Wald“:
Erfahrungsberichte, Social Media-Beispiele und Interviews unter https://wir-im-wald-magazin.de/beitraege/
Wissenschaftskommunikation.de:
Übersicht zu Social Media-Formaten und Tutorials für den Wissenschaftsdialog unter
https://www.wissenschaftskommunikation.de/themen-social-media/